80-Bus Journal

  

Januar 1983 · Ausgabe 1

Konfigurationen

von Günter Kreidl

Ist der Nascom tot?

Das 80-BUS-Journal ist aus der redaktionellen Tätigkeit der Herausgeber für das Nascom-Journal hervorgegangen. Wie wohl die meisten Leser dieser Zeitschrift besitzen sie ein Nascom-System und fragen sich besorgt, ob dem Nascom-1/2 noch eine Zukunft beschieden sein wird oder ob dieser Veteran unter den Einplatinencomputern bald ganz aus dem Markt verschwindet. Dies hat weniger sentimentale als praktische Gründe: Wahrend der letzten Jahre haben wir soviel Hardware und vor allem Software für dieses System entwickelt, daß der Umstieg auf ein anderes System mit sehr viel Arbeit und Kosten verbunden wäre. Andererseits ist der Nascom heute technisch schon überholt (Standard wäre heute vielleicht ein 64K-CP/M-System) und man bekommt inzwischen erheblich mehr Computerleistung für sehr viel weniger Geld. Der Computermarkt im untersten Preisbereich wird heute einerseits von den billigen Konsumcomputern (zwischen 150,– und 1000,– DM) und andererseits von preiswerten Platinensystemen in Industriequalität beherrscht. Dazwischen gibt es aber sowohl preislich als auch inhaltlich eine Lücke, die früher einmal Computer wie der Nascom ausgefüllt haben (sehr viele dieser Art gab es eigentlich nicht – mir fallen nur das OHIO SU­PER­BOARD und der AIM-65 ein). Die „Konsum-Computer“ sind eigentlich, wenn man den Preis berücksichtigt, optimal ausgestattet: Farbgraphik, Sound, relativ viel Speicher, komfortables BASIC usw. Die große Verbreitung sorgt auch für einen entsprechenden Preisdruck bei den Erweiterungen und für einige Softwareunterstützung durch Microcomputerzeitschriften. Das „Innenleben“ dieser Maschinen verbleibt aber für die meisten Anwender für immer im Dunkeln, sowohl was die Software (Betriebssystem) als auch was die Hardware angeht. Bei Platinensystemen ist das in der Regel anders; hier sind sowohl Hardware als auch Software meist gut dokumentiert und auch die Erweiterung ist meist einfacher. Ein preiswerter (Ein-) Platinen-Computer ist der ideale Einstieg für jeden, der mehr als ein „Knöpfchendrücker“ sein will, der Funktionsweise und Anwendung (Interfacing und Programmierung) eines Mikrocomputers wirklich verstehen lernen will. Diese Funktion eines (erweiterbaren) Einstiegscomputers könnte der Nascom immer noch haben, wenn der Preis der Nascom-Systeme sich an den heutigen Marktbedingungen orientieren würde. Zumindest in Deutschland ist das aber nicht der Fall. Die seltsame und unverständliche Preispolitik des deutschen Generalimporteurs (Michael Klein Systemtechnik, später MKV) führte zu einer Verteuerung des Nascom, während gleichzeitig immer billigere und leistungsfähigere „Konsum-Computer“ auf den Markt kamen. Der Nascom ist zu den dort verlangten Preisen überteuert und damit in der heutigen Marktsituation unverkäuflich. Ein „nichtautorisierter“ Anbieter konnte, den Nascom erheblich billiger anbieten, obwohl er ihn in England um 15% teuerer einkaufte als der offizielle Importeur. Doch auch zu diesem Preis hat der Nascom heute keine Marktchance in Deutschland mehr. Ich persönlich glaube allerdings, daß dies nicht so sein müßte. Ein Nascom-1 für ca. 400,– DM als Bausatz bzw ca. 500,– DM als Fertigplatine wäre m. E. immer noch ein interessanter Einstiegscomputer und evtl. auch für manche Anwendungen interessant. Ein noch größere Chance hätte aber in meinen Augen ein Nascom-2 in folgender Konfiguration: 8K stat. RAM (4 x 6116), komplette Firmware (ZEAP, NASDIS, DEBUG, TOOL­KIT, NASPEN) in Eproms und das 8k-ROM-BASIC sowie der Graphik-Zeichengenerator für einen Preis um die 1000,– DM. Das ließe sich mit minimalen Änderungen auf der Nascom-2-Platine verwirklichen! Ich weiß nicht, ob das finanziell machbar ist, aber ohne eine solche oder ähnliche Lösung sehe ich schwarz für die Zukunft des Nascom in Deutschland. Und was ist dann mit uns, den Nascom-Anwendern? Sollen wir unseren Nascom wegschmeißen?

GEMINI und RP/M

Hardwaremäßig ist Unterstützung, Ausbau und Modernisierung natürlich mit den GEMINI-Karten möglich durch die Buskompatibilität, aber GEMINI-Programme sind auf dem Nascom genausowenig lauffähig wie umgekehrt Nascom-Programme auf dem GEMINI. Das Betriebssystem der GEMINI Computer heißt aus naheliegenden Gründen RP/M (Rom Program for Microcomputers). Es ist natürlich auf die GEMINI-Hardware (CPU-Karte, busparallele Videokarte und Floppycontroller) zugeschnitten, unterscheidet sich aber nicht nur dadurch von einem Betriebssystem wie NAS-SYS, sodern vor allem auch durch die ganze Systemarchitektur. NAS-SYS ist ein typischer Monitor/​Debugger und vor allem zum Testen und

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